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03
Feb

Die älteste Weinbaugemeinschaft Sachsens

Gleich den Rebstöcken haben die Weinbaugemeinschaften Wurzeln, die weit in die Vergangenheit zurückreichen. Die Anfänge der Weinbaugemeinschaft Meißen liegen sogar noch vor der Gründung der Sächsischen Winzergenossenschaft. Ihre Entstehung und ihr Werdegang ist ein Spiegelbild der weinbaulichen Entwicklung Sachsens im letzten Jahrhundert. Die Tausendjahrfeier der Stadt Meißen im Jahr 1929 brachte eine Rückbesinnung auf alte Werte und Traditionen. Dazu gehörte in Meißen insbesondere der Weinbau. So kam es am 12. Januar 1929 im Winzerhaus Vorbrücker Straße in Meißen zur Gründung der „Vereinigung zur Förderung des Kleinweinbaus“, kurz „Kleinweinbauverein“ genannt. Das war die Geburtsstunde der Weinbaugemeinschaft Meißen und der Weinbaugemeinschaften Sachsens überhaupt.

Zum ersten Vorsitzenden wurde damals Oswin Richter, Vorarbeiter der städtischen Weinberge, gewählt. Nach dem Vorbild des „Kleinweinbauvereins“ bzw. der späteren Weinbaugemeinschaft Meißen bildeten sich danach andere Weinbaugemeinschaften. Ziel war vor allem, den Weinbau auch auf kleinsten Flächen zu fördern. Als Spalierpflanze am Siedlerhaus oder durch Wiederaufrebung kleiner Anlagen galt es, den Weinstock als typische Charakterpflanze des Elbtals zu erhalten. Oswin Richter folgten als Vorsitzende der Weinbaugemeinschaft Paul Schöne, Heinz Engler, Bernd Gotter und Wolfgang Grundmann. Seit 1996 leitet Jürgen Zuschke erfolgreich die Gemeinschaft. Im Sinne des Leitspruchs „Ewig den Glauben an den Segen der Trauben“ geht es auch in der jetzigen Zeit darum, den Weinbau als landschaftsbildendes Element in der Region zu fundieren.
Die Weinbaugemeinschaft Meißen e. V., das sind aktuell 68 Mitglieder, die den Weinbau als Hobby betreiben und eine Gesamtfläche von ca. sechs Hektar links und rechts der Elbe bzw. in unmittelbarer Umgebung des Meißner Elbtals bewirtschaften. Die Hobbywinzer pflegen ihren Wein in eigenen Hausgartenanlagen oder Parzellen innerhalb der Berggemeinschaften. Die bekanntesten Weinberge in Meißen sind Kronenberg, Ratsweinberg, Crassoberg, Fürstenberg und Rosengründchen.
Interessante Einblicke in das Tätigkeitsspektrum der Weinbaugemeinschaft Meißen e. V. ergeben sich bei der Betrachtung eines Weinjahres im Wandel der Jahreszeiten.
Am Anfang jedes Weinjahres steht generell ein gemeinsamer Winzerabend der Weinbaugemeinschaft Meißen, der traditionell in den Schulungsräumen der Winzergenossenschaft Meißen stattfindet. Vor allem die weitere Verbesserung der Qualität des Traubengutes ist ein Hauptanliegen. So bilden regelmäßige Schulungen der Mitglieder zu Pflanzenschutz und Rebschnitt wesentliche Schwerpunkte der Vereinsarbeit. Neben aktuellen Themen stehen Fachvorträge zu bestimmten Themen, wie z. B. zu Pflanzenschutzstrategien auf der Agenda. Durch gezielte Fragen der Winzer gestalteten sich diese Referate meist sehr offen und sehr kommunikativ. Eine Vorschau auf geplante Veranstaltungen im beginnenden Weinjahr bildet einen wichtigen Meilenstein des Winzerabends, denn auf gemeinsame Unternehmungen wird im Verein viel Wert gelegt.
Es hat sich seit vielen Jahren zu einer festen Tradition etabliert, dass im Februar eines jeden Jahres ein Lehrgang zum Rebschnitt durchgeführt wird. Hierbei treffen sich viele Hobbywinzer und solche, die es werden wollen, direkt vor Ort im Weinberg. Ziel ist es, Wissen rund um den Rebschnitt zu bekommen, zu ergänzen und zu vertiefen. In den vergangenen Jahren stand immer ein „Spezialist für Rebschnitt“ mit Rat und Tat für Fragen zur Verfügung. Hierbei wurde der eine oder andere Probeschnitt von Schulungsteilnehmern selbst durchgeführt und anschließend analysiert.
Gegen kalte Füße und zum Aufwärmen in der kalten Jahreszeit steht meist heißer Glühwein bereit. Aus der Sicht der Weinbaugemeinschaft ist diese Veranstaltung, begründet durch regen Austausch und Verständigung zu bestimmten Fachthemen, immer als gelungen und als sehr lehrreich zu bezeichnen.
Sind die Reben geschnitten, angebunden, der Boden bearbeitet, erste Pflanzenschutz-maßnahmen vollzogen, wird gern Zeit miteinander verbracht. Winzerfahrten in andere Weinanbaugebiete oder Weinwanderungen im Elbtal sind die jährlichen kulturellen Höhepunkte des Vereinslebens. In den letzten Jahren gab es beispielsweise Ausflüge nach Radebeul, Welzow Süd, Pesterwitz oder ins Nachbarland Tschechien. Selbstverständlich schließt sich dabei immer eine Weinprobe der regionalen Weinspezialitäten an. Ein Gläschen Wein lockert die Zunge, man kommt dadurch schneller miteinander ins Gespräch.
Weinbergbegehungen am Ende des Sommers durch eine von den Mitgliedern der Weinbaugemeinschaft gewählten Bergkommission geben den Winzern die Gelegenheit zum praktischen Erfahrungsaustausch vor Ort im Weinberg. Die Bergkommission kommt direkt in die einzelnen Weinberge und verschafft sich dabei ein aktuelles Bild vom Zustand der Parzellen, von zu erwartenden Erntemengen und gibt Hinweise zur Möglichkeit einer frühzeitigen Einflussnahme, falls Probleme mit der Traubenqualität oder -menge auftreten.
Herbstzeit - das ist Erntezeit und natürlich die wichtigste Zeit für den Winzer. Es ist Weinlese! Es ist aber auch die Zeit, um Ernteerfolge gebührend zu feiern, wie zum Beispiel beim alljährlichen Meißner Weinfest. Beim großen Festumzug des Weinfestes darf die Weinbaugemeinschaft Meißen e. V. natürlich nicht fehlen. Ausgerüstet mit Schildern, auf denen die Namen der ihrer Weinberge bzw. Weinsprüche stehen, bildet die Weinbaugemeinschaft mit ihren grünen Winzerwesten ein sehenswertes buntes Bild im Festzug. An eine besondere Episode denken alle besonders gern. Jedes Jahr schenkt die Weinbaugemeinschaft an die Besucher des Festumzuges Wein aus einem Weinfass aus. Vor Jahren wurde dieses Weinfass auf einem alten Leiterwagen transportiert. Leider brach schon lange vor dem Betreten der Altstadtbrücke mitten im Festzug ein Rad des Leiterwagens. Ob der Zustand des Leiterwagens oder der Zustand der Straßen schuld war, ließ sich abschließend nicht klären. Guter Rat war teuer. Die freundlichen Mitarbeiter der Apotheke, die an diesem Sonntag zufällig Dienst hatten, waren so nett und halfen mit Paketklebeband aus. Viele Hände, glückliches Ende - der Leiterwagen war wieder „einsatzfähig“ und rollte weiter im Festumzug mit. Für die vielen durstigen Seelen am Straßenrand blieb dieses Ereignis fast unbemerkt. Für sie gab es die erwarteten Kostproben vom Meißner Wein aus dem Fass vom Leiterwagen. Das dieser bandagiert war, interessierte nicht wirklich.
Mittlerweile ist der Spätherbst eingezogen und der Winter steht bevor. Zeit für die Weinbaugemeinschaft Meißen Resümee zu ziehen. Wie geht so etwas besser als mit einer gemeinsamen Veranstaltung? Es ist mittlerweile ein schöner Brauch geworden, im festlichen Ambiente des Burgkellers das Weinjahr bei einem gemütlichen Zusammensein mit diversen lukullischen Köstlichkeiten und natürlich mit Meißner Wein, ausklingen zu lassen.
Große Anerkennung und viele Auszeichnungen innerhalb des Anbaugebietes als auch im Bundesmaßstab für den Wein aus Sachsen sind nicht zuletzt Ausdruck der sehr qualifizierten und harten Arbeit der Winzer in den einzelnen Weinbaugemeinschaften, insbesondere natürlich der ältesten und traditionsreichsten - der Weinbaugemeinschaft Meißen. Dafür verdienen unsere sächsischen Winzer ein großes Dankeschön!


Katrin Thiele
(veröffentlicht in "Ewig der Glauben an den Segen der Trauben" von Werner Böhme,
NOTschriften-Verlag Radebeul, ISBN 978-3-945481-61-5)